Am Jahresanfang beginnt wieder einmal eines der sinnlosesten und unwürdigsten Rituale im Vertrieb: das alljährliche Feilschen um die Jahreszielvorgabe. Da geht es zwischen Verkaufsleiter und Verkäufer zu wie auf einem Basar: „100!“ – „50!“ - „90!“ – „60!“ – „80!“ – „70!“ – „Okay, 75!“ Im Zweifel gilt das Prinzip „der Ober sticht den Unter“. Oft mit dem Ergebnis, dass der Verkäufer sich weigert, seine Zielvereinbarung zu unterschreiben. So fängt das Jahr schon gut an!
Blickpunkt Führung im Vertrieb:
...das alljährliche Feilschen um die Jahreszielvorgabe
Die Gleichung „schlechte Ergebnisse gleich schlechter Verkäufer“ ist einfach zu kurz gedacht.
Klar, im Vertrieb brauchen wir als Verkaufsleiter Ziele zum Planen und Budgetieren. Und diese Ziele werden meist von oben nach unten heruntergebrochen. Da ist dann eine Steigerung drin, die lässt sich in alle Richtungen kommunizieren, da ist noch Luft nach oben, das klingt realistisch. Na super! Oder andersherum: Neulich berichtete mir ein Verkaufsleiter: „Ich habe meine Verkäufer um eine Einschätzung gebeten, was sie sich als Zielvorgabe zutrauen. Das war mehr als das, was ich von meinem Chef als Vorgabe hatte.“ Auch schwierig.
Eine absurde Folge der Fixierung auf die Jahreszielvorgabe ist das beliebte Bunkern von Aufträgen zum Jahresende. Da stapeln sich die Verträge in den Schreibtischen der Verkäufer, weil das neue Ziel erreicht werden muss und das alte sowieso keinen mehr interessiert. In der ersten Arbeitswoche im Januar bekommt der Verkaufsleiter dann eine Sehnenscheidenentzündung vom Abzeichnen der Aufträge und die Disposition die ersten Chaostage des neuen Jahres. Prost!
Wir müssen uns klar machen: Wir können Ergebnisse im Vertrieb nicht managen. Kürzlich habe ich im sehr zu empfehlenden „Morning Briefing“ von Gabor Steingart gelesen, dass der ifo-Geschäftsklimaindex von 2,2 Prozent Wachstum im Vorjahr auf 1,5 Prozent bis Dezember 2018 gefallen ist. Das wird natürlich auch Auswirkungen auf die Vertriebsergebnisse haben. Die Gleichung „schlechte Ergebnisse gleich schlechter Verkäufer“ ist einfach zu kurz gedacht.
Ich erwarte doch von einem Verkäufer, gerade wenn er erfolgsabhängig vergütet wird, eine gewisse Eigenmotivation. Wenn diese nicht das ist, dann läuft sowieso etwas falsch. Was ist also die Lösung? Aktivitäten-Management! Wir können zwar nicht die Ergebnisse managen, wohl aber das, was der Verkäufer tut. Und wenn der Verkäufer das Richtige, richtig oft und richtig gut macht, wird das unter den jeweiligen Rahmenbedingungen bestmögliche Vertriebsergebnis dabei herauskommen. Ob das dann 80 oder 120 Prozent eines angepeilten Zieles bedeutet, hängt eben auch von Rahmenbedingungen wie Konjunktur, Lieferfähigkeit, Aktionen des Wettbewerbs und vielem mehr ab.
Also vereinbaren Sie als Verkaufsleiter konkrete Aktivitäten mit Ihren Verkäufern, wie zum Beispiel die Anzahl der Akquisen, neue Produktplatzierungen oder sinnvolle Kundentermine in Qualität und Quantität. Anhand dieser Aktivitäten können Sie auch gerade die Low-Performer im Vertrieb gut steuern. Denn ob der Kunde kauft, kann der Verkäufer eben nicht zu einhundert Prozent beeinflussen, aber der Verkäufer hat sehr wohl in der Hand, die vereinbarten Aktivitäten umzusetzen. Und je mehr ein Verkäufer in der Vergangenheit die falschen oder zu wenige Aktivitäten durchgeführt hat, umso eher sollten Sie als Verkaufsleiter gemeinsam mit ihm die Umsetzung reflektieren.
In der Zeit, in der Sie in den vergangenen Jahren um die Jahreszielvorgabe gefeilscht haben, fahren Sie als Verkaufsleiter nun einfach zu einem Kunden mit großem Potential und kommen Ihrer Aufgabe als Coach Ihrer Verkäufer nach. Wäre doch mal ein sinnvoller Start ins neue Jahr!
#derLÖSER für Vertriebsaufgaben
Jens Löser
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