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Angst, Ihre Mitarbeiter zu verlieren?

Mitarbeiterbindung durch intrinsisch motivierende Führung

Mit Blick auf den demographischen Wandel kann es sich kaum mehr ein Unternehmen erlauben, junge (und gute!) Mitarbeiter zu verlieren. Dazu müssen Chefs ihre Mitarbeiter motivieren. Doch welche Motivation ist wirklich bindend? Folgendes Beispiel zeigt, was in der Chef-Mitarbeiter-Beziehung schief gehen kann und wie sich das Arbeitsverhältnis erfolgreich retten lässt.

Kenne deine Mitarbeiter, um sie zu führen

Mittwochvormittag, 8:30 Uhr.

Im Büro von Harry K., Ausbildungsleiter eines großen Logistikunternehmens, klingelt das Telefon. Am anderen Ende meldet sich Jan B., Auszubildender für Mechatronik im 2. Lehrjahr.

Jan B:

„Guten Morgen Chef. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich heute nicht zur Arbeit komme – und den Rest der Woche auch nicht.“

Harry K:

„Was ist los, bist du krank?“

Jan B:

„Nee, das nicht. Meine Freundin hat heute Morgen laut gedacht, dass sie ja noch nie in Paris war und so gern mal hinmöchte. Sie hat ein paar Tage frei, darum haben wir spontan beschlossen: Wir fahren nach Paris!“

Harry K:

„...???“

Jan B:

„Ja also, am Montag bin ich dann wieder da.“

Harry K. (laut):

„Du hast hier einen Arbeitsvertrag!“

Jan B:

„Ja, aber meine Freundin will nach Paris. Schönen Tag noch, Chef!“

Gesprächsende 

Diese Geschichte ist wahr, ein Klient hat sie mir erzählt. Keine Frage: Arbeitsrechtlich war die Sache eindeutig. Und doch löste sie in Harry K. eine Hilflosigkeit aus, von der er nicht wusste, wie er mit ihr umgehen sollte. Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, in solch einer Situation hart durchzugreifen und die Rechtsmittel auszuschöpfen. Doch was, wenn es sich um ein Unternehmen handelt, dass es sich einfach nicht leisten kann, einen Auszubildenden zu verlieren – weil jeder Azubi dringend gebraucht wird? Immer mehr Branchen suchen händeringend nach Nachwuchs. Nicht nur die Führung der vielzitierten Generationen Y und Z stellt eine Herausforderung dar: unsere Gesellschaft wird auch immer älter. In vielen Unternehmen liegt der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter über 50. Die digitale Entwicklung läuft parallel und hat immense Ausmaße auf unsere Arbeitswelten. Wir müssen uns anpassen, um nicht den Anschluss zu verlieren. All dies sind Fakten, die dir als Führungskraft bereits bekannt sind oder sein sollten.

In der genannten Situation habe ich mit meinem Klienten folgende Fragen diskutiert:

  • Was ist in der Beziehung zwischen der Führungskraft und dem Auszubildenden schiefgelaufen?
  • Warum identifiziert sich Jan B. nicht mit dem Unternehmen?
  • Was hat ihn dazu bewegt, seine Kollegen und seinen Chef mit den dringend anstehenden Arbeiten im Stich zu lassen?
  • Warum nimmt er eine Kündigung in Kauf?
  • Warum ist ihm seine Liebesbeziehung wichtiger als sein Job?
  • Wie gelingt es, Jan B. zu halten und zu motivieren?

Den inneren Antrieb erkennen & entfachen

Eine Führung über die intrinsische Motivation ist äußerst effektiv – denn sie bringt deine Mitarbeiter in den Flow. In der Motivationsforschung und in der Arbeitswelt wird der Begriff der intrinsischen Motivation in Abgrenzung zur sogenannten extrinsischen Motivation verwendet und in den Kontext einer Tätigkeit gestellt. Ich definiere den inneren Antrieb eines Menschen nicht (nur) als eine Form der Arbeits- oder Tätigkeitsmotivation, sondern verstehe diese als Lebensmotivation.
Ich differenziere zehn verschiedene intrinsische Motivationen. So werden die inneren Bedürfnisse von Mitarbeitern erkannt und setzen gezielt an deren innerer Zufriedenheit an. Eine Führung, die auf das dominante Hauptbedürfnis abzielt, bringt Mitarbeiter in den Flow.

Hier die zehn verschiedenen intrinsischen Motivationen und ihre Hauptbedürfnisse im Überblick:

  • Perfektion = Recht haben
  • Liebe = geliebt werden wollen
  • Erfolg = bewundert werden
  • Individualität = es anders machen
  • Wissen = die Welt verstehen
  • Sicherheit = auf Autoritäten achten 
  • Kampf = sich durchkämpfen
  • Spaß = das Leben genießen
  • Macht = der Stärkste sein
  • Harmonie = Konflikte vermeiden

Mittels einer Systematik ist es möglich, die Persönlichkeit eines Menschen so zu entschlüsseln, dass Rück- schlüsse auf seine intrinsische Motivation und sein Hauptbedürfnis möglich sind. Im Fall des eingangs genannten Beispiels war das Ergebnis wie folgt:

Jan B. zählt zu den Menschen, die von Harmonie intrinsisch motiviert sind. Diese Menschen sind friedliebend, verlässlich und freundlich, uneitel und tolerant, sie haben für alles und jeden ein offenes Ohr, stellen ihre eigenen Bedürfnisse zurück und die der anderen in den Mittelpunkt. Sie haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, sind geduldig, empathisch, ausgleichend und diplomatisch. Sie schwimmen gern mit dem Strom, lassen vieles einfach auf sich zukommen, stellen ihr eigenes Licht unter den Scheffel, haben häufig keine eigenen Ziele und meiden den Mittelpunkt. Zu Hochleistungen fahren Harmoniemenschen auf, wenn sie anderen helfen können oder um ihre Unterstützung in einer Konfliktlösung gebeten werden. Dinge auszusitzen und Konflikte zu vermeiden gehören zu den Eigenschaften, die den Umgang mit ihnen erschweren. Mit ihrer Tendenz, es allen recht machen zu wollen, erreichen sie häufig genau das Gegenteil: es macht die anderen aggressiv.

Ungewöhnliche Lösungsansätze

Nachdem wir also die intrinsische Motivation (Harmonie) von Jan B. entschlüsselt hatten, konnte sein Ausbildungsleiter nachvollziehen, warum Jan B. sich wirklich für Paris entschieden hat, also was der wahre Beweggrund seines Handelns war: Er wollte einen Konflikt mit seiner Freundin vermeiden.

Anstatt Jan B. nun zu drohen und sich ausschließlich auf Rechtsmittel zu berufen, hat Harry K. sich der Toolbox für intrinsisch motivierende Führung bedient. Darin finden sich Handlungsempfehlungen für die jeweiligen Persönlichkeitsmuster.

Im Fall der intrinsischen Motivation Harmonie sind das folgende:

Dos: So motivierst du deinen Mitarbeiter

  • Unterstützung dabei, aktiv und sichtbar zu werden, für die eigenen Bedürfnisse und Meinungen einzustehen, sich abzugrenzen
  • Ermutigen, die Initiative zu ergreifen
  • Stärken des Selbstwertgefühls
  • Routine abarbeiten
  • Zeit lassen
  • Botschaft senden: „Du bist wichtig“


Don'ts: So demotivierst du deinen Mitarbeiter

  • Ausnutzen der Hilfsbereitschaft
  • Druck ausüben
  • Hektik, ständige neue Herausforderungen und Umstrukturierungen der Aufgabenbereiche

Harmoniemenschen kommen in den Flow, wenn sie selbstverantwortlich überschaubare Aufgaben in ihrem eigenen Tempo und ohne Kontrolle von außen abarbeiten können. Nachdem Harry K. ihm einen eigenen Zuständigkeitsbereich übertragen hatte – was ja auf den ersten Blick nicht die Lösung zu sein schien! - kam eine vergleichbare Situation nie wieder vor.

Kenne deine Mitarbeiter, um sie zu führen

Kenntnisse über den inneren Antrieb deiner Mitarbeiter erleichtern deinen Führungsalltag immens. Sie unterstützen dich dabei, auf höchstem Niveau individuell auf die Bedürfnisse deiner Mitarbeiter einzugehen und sie erfolgreich zu führen. So bringst du deine Mitarbeiter in den Flow-Zustand.

In einer Zeit, in der der „War of Talents“ längst begonnen hat, ist dieses Wissen mehr als wertvoll, denn es unterstützt dich nicht nur in dem Vorhaben, Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu motivieren: Diese neue Form der Führung zahlt auch darauf ein, zufriedene Mitarbeiter zu haben und sie langfristig an das Unternehmen zu binden. Für ihren – und für deinen – Erfolg.